Christofer Kochs, Nichts ohne Grund, 2006, Öl auf Leinwand, 180 x 240 cm

Christofer Kochs
Die Summe der Möglichkeiten

Manfred Rademacher
Kammermusik

Dauer der Ausstellung:
22. August - 15. September 2008


Einführung: Susanne Buckesfeld M. A.

Einladung
Presseinformation
Eröffnungsrede
Rezension Westdeutsche Zeitung

Manfred Rademacher, aus der Serie Vogelbilder, Mischtechnik auf Papier, jeweils 42 x 29,7 cm



Christofer Kochs - Die Summe der Möglichkeiten
Der Maler und Bildhauer Christofer Kochs ist bekannt dafür, die Grenzen der Gattungen Skulptur, Malerei und Zeichnung verschwimmen zu lassen. So werden einige seiner Gemälde zu raumgrei-
fenden, die  Malerei mit der Skulptur verbindenden Installationen, während manche Skulpturen wiederum als eine Art Relief nicht ohne die Wand-
fläche auszukommen scheinen. Vor allem die für seine Kunst konstitutive Verbindung von Malerei und Zeichnung verdeutlicht die vollzogene Synthese der Gattungen. Die Zeichnung tritt durch die Farben der Malerei hindurch deutlich hervor, wird zu einem eigenständigen Element. Die Trennung des Umrisses von der Form führt zu einer gleichwertigen und doch nicht gegenseitig bedingten Existenz derselben.
Im Mittelpunkt seiner Kunst steht die menschliche Figur, die bis zur Zeichen- oder Schemenhaftigkeit stilisiert wird. Die Physiognomie, eine individuelle Wiedererkennbarkeit wird vernachlässigt zu Gunsten einer formalen Auseinandersetzung mit der Figur. So wird die Zeichnung gleichsam zum Skelett, während die Farbe über die Figur hinaus ausstrahlt, den Raum einnehmend und bestimmend.  Es entsteht ein Wechselspiel zwischen Verdichtung und Auflösung der zentralen menschlichen Figur, die obschon Hauptmotiv, sich wie mit einem Schleier bedeckend in die flächige Farbigkeit der Bilder einfügt. Wie Schatten nehmen sie den Bildraum ein, schwankend zwischen maskenhafter Unbestimmtheit und dekorativer Stilisierung. Diese Figur-Grund-Problematik ist allen seinen Arbeiten immanent. Die stark ornamentalisierte Bildstruktur lässt die stilisierte menschliche Figur als eine Art Flächenornament erscheinen. Insbesondere in seinen Papierarbeiten fällt die arabeskenhafte Gestaltung auf, die eine definierte Räumlichkeit negiert zugunsten einer starken Betonung der Fläche. Die schemenhaften menschlichen Figuren scheinen in einen undefinierten Bildraum hinein zu diffundieren. In einigen Bildern wird durch die Schichtung einzelner Farbflächen eine Räumlichkeit angedeutet, während in anderen der transparente Bildträger Tiefe simuliert. Eben dieser transparente Grund bringt im Zusammenspiel mit den lavierend aufgetragenen Farben ein hintergründiges Leuchten mit sich, das den Bildern eine mystisch verklärte Aura verleiht und so den Betrachter in ihren Bann zieht.
Caroline Linssen



Manfred Rademacher - ,,Kammermusik“
Manfred Rademacher spricht über seine Papierarbeiten gern als „Kammermusik“, um sie von den früheren großformatigen Leinwänden abzugrenzen. Ein tragischer Unfall, nach dem er sich jede Bewegung erst mühsam zurück erobern musste, zwang ihn, im kleineren Format noch einmal neu zu beginnen. Dennoch scheint die eruptive Malweise seiner „Vögel“ nahtlos an die früheren Arbeiten anzuschließen.
Das Motiv der Vögel, an dem er sich abarbeitet, das er durch Wiederholung und Reihung bis zur Essenz stilisiert, ist wie kaum ein anderes dialektisch aufgeladen in seiner Symbolik zwischen Freiheit und Gefangenschaft. So gilt der „fliegende Vogel“ als Synonym für Freiheit und der „Vogel im Käfig“ als sein Antonym. Tatsächlich handelt es sich bei Rademachers Vögeln weder um das eine, noch um das andere, sie befinden sich im Zustand einer scheinbar unruhigen Rast. Dieser Eindruck ergibt sich aus der Diskrepanz zwischen der ruhenden Haltung und einer inneren Bewegtheit, die sich aus dem dynamischen Farbauftrag herleitet.
Die Parallelen mit Rademachers Situation, das Gefangensein im eigenen Körper begleitet von einer drängenden kreativen Kraft, führt in diesem Zusammenhang zu einer neuen Symbolik.
Eine große Rolle spielt hierbei die Farbe, nicht nur tonal, sondern vor allem in ihrer Stofflichkeit. Einerseits verleiht sie den Vögeln durch das abwechselnde Auftragen mit Pinsel und Fingern Lebendigkeit, erhebt sie andererseits zu einer Personifikation der Malerei durch ihre explizite Materialität. Die Farbgeschöpfe sind in der größtmöglichen Auflösung begriffen,  manifestieren sich in den rhythmisch von innen nach außen verdichteten Pinselstrichen. Alles drängt nach außen und wird doch durch die Form daran gehindert auszubrechen. Die Farben sind in musikalisch anmutenden Harmonien komponiert, die den einzelnen Vogel durchdringen und die Paare aneinander binden. Die Paarsituation kann vielschichtig ebenfalls auf einer menschlichen Ebene interpretiert werden. Der fehlende Blickkontakt wird durch die korrespondierende Farbigkeit aufgehoben und führt zu einer intuitiven Kommunikationssituation Die Vögel blicken gemeinsam in die gleiche Richtung, sind dem gleichen Ziel zugewandt. In Verbindung mit der Kraft, die ihnen durch die Farbe verliehen wird, verwandelt sich das Bild in eine momenthafte Szene, als wären sie im Begriff ihre Rast zu unterbrechen, sich aufzuschwingen und dem angepeilten Ziel entgegenzufliegen.
Caroline Linssen