Ausstellung 19. 09. - 18. 10. 2008
Nadine Wölk
Deleted Scenes, Works 2008
Bronislava von Podewils
Sculpture
Eröffnung 19. September 19.30 - 21.30 Uhr
Einführung: Caroline Linssen M. A.
Im Oktober erscheint der Katalog
Nadine Wölk - Deleted Scenes, Works 2008
Nadine Wölk spielt mit den unterschiedlichen Wahrnehmungsebenen der malerischen Darstellung, in dem sie tradierte Techniken um moderne Ausdrucksmittel erweitert. In ihren neuen Arbeiten scheint die Malerei mehr als zuvor in den Dialog mit der Fotografie und der Jugendkultur zu treten. Es handelt sich nicht mehr um eine Auseinandersetzung mit der kindlichen Vergangenheit, sondern um eine Art Dokumentation der Gegenwart, in der die Flüchtigkeit von Momenten und Erfahrungen thematisiert wird.
Die nächtlichen Darstellungen strahlen durch den engen Bildausschnitt und den schwarz-dunklen Hintergrund, von dem sich die, durch den Kamerablitz hell erleuchteten, Personen deutlich abheben, eine bedrückende Stimmung aus. An dieser Stelle scheinen die Arbeiten Verknüpfungen zwischen verschiedenen Aspekten der Erfahrung und des Erlebens herzustellen. Als deleted scenes, gelöschte Szenen, bezeichnet Wölk ihre Arbeiten. Einerseits spricht sie damit die ungewöhnliche Motivwahl an, andererseits thematisiert sie wiederum die komplexe Struktur von Erinnerungen. Die Frage nach der Abrufbarkeit unterbewusster Erfahrungen tritt in den Vordergrund. Wölk macht sich in diesem Zusammenhang die dokumentarische Qualität des Fotos als Abbildung von Wirklichkeit zu Nutze und verweist gleichzeitig darauf, dass die dazugehörige Erinnerung zwangsläufig außerhalb der Fotografie zu finden ist. Hieraus ergibt sich in ihren Arbeiten eine lesbare Diskrepanz zwischen subjektiver und objektiver Wahrnehmung des Erlebten und der eigenen Person. Der dunkle Bildraum, der die dargestellten Personen umgibt, kann in vielen ihrer Bilder als Repräsentation einer anderen Bewusstseinsebene gelesen werden. Selten treten die Abgebildeten in direkten Blickkontakt mit dem Betrachter, meist wenden sie sich ab, oder verhüllen ihre Gesichter. Das Verständnis liegt außerhalb der allgemein interpretierbaren Mimik und Gestik der Personen. Wie lesende, oder schlafende Figuren werden die Dargestellten aus der Realität entrückt. Wölk zieht in ihren Arbeiten einmal mehr die Beweiskraft der objektiven Abbildung unserer Realität in Zweifel, der Bildraum öffnet sich in Richtung einer Ebene außerhalb des Bildes, die eine maximal emotional erfahrbare Innerlichkeit vertritt.
Caroline Linssen M.A.
Wellpappe und Wachs sind die Grundstoffe aus denen Bronislava von Podewils Tierfiguren entstehen lässt. In einzelnen Schichten aus Pappe, wachsen die Skulpturen aus der Fläche in die Dreidimensionalität. Erst durch die Schichtung wird das biegsame Material zu einem soliden Körper. Die Wellpappe stellt bereits in sich selbst eine Vereinigung von Gegensätzen dar. Denn bestehend aus hauchdünnem Papier, erreicht sie nur durch die besondere Schichtung ihr hohes Maß an Stabilität, und überträgt diese Polarität wiederum auf die Skulpturen.
Bei genauerer Betrachtung ergibt sich eine Reihe von Gegensatzpaaren, die in den Skulpturen vereint werden, ähnlich der Polarität von fragil und stabil. Das Material Wachs verleiht der fragilen, leichten Pappe zusätzliche Stabilität und einen soliden Anschein, der die tatsächliche Leichtigkeit verschleiert. Die massive Äußerlichkeit der ungleichmäßig aufgetragenen Wachsschicht erscheint zuweilen mühsam, an Stellen, an denen das anschmiegsame Wachs auf die schroffen Ränder der Pappe stößt und den porösen Charakter der Wellpappe enthüllt.
Doch Wachs und Schichtung verleihen den Skulpturen den Anschein von Dauerhaftigkeit, der wiederum im Gegensatz zur Vergänglichkeit des Materials steht. Wellpappe als Wegwerfartikel des Alltags, wurde bereits in den sechziger Jahren im Zuge der Pop Art durch Robert Rauschenberg in die bildende Kunst eingeführt. Damals im Kontext der Ästhetik der Warenwelt eingesetzt, verweisen in Podewils’ Skulpturen heute nur die fragmentarisch aufzufindenden Aufdrucke auf die ursprüngliche Verwendung als Karton. Eben jene Fragmente verdeutlichen die Vergänglichkeit, nicht nur des Materials selbst, sondern auch der übergeordneten Bedeutung und verleiten so zu einer existentialistischen Befragung der Werke. Das nicht hinterfragende Wesen des Tieres wird dem entgegengestellt. Gleichzeitig vermitteln die korrespondierenden Posen eine lebendige Vielfalt. Das nachvollzogene Ziel ihrer Arbeiten ist somit die Wiedergabe von Lebendigkeit und Bewegung bei gleichzeitiger Aufhebung einer wirklichkeitsgetreuen Darstellung.
Caroline Linssen M.A.