Shuzo Azuchi Gulliver, Arbeitsphase in der Galerie

Artist in Residence


Evenire. See the form of leaping nearby
(Listen to the sound of disintegration afar)
Malerei, Zeichnung, Installation

Ausstellung 20. Juli bis 10. August

Einladung
Vorbesprechung WZ vom 13.7.07
Eröffnungsrede




“Figures (afar and nearby) #2-3”, 2006, pencil on paper, 78,8 x 54,5 cm
“Figures (afar and nearby)/Shaghi version #1‘ (part), 2007, acrylic on canvas, 162 x 200 cm
Ausstellung „La dolce vita“, 2000, Galerie Epikur, Raumsituation
La dolce vita / A.T.C.G. / Love affair # 4, 2000, Serigrafie, Auflage 35, 2-farbig, 615 g/qm Bristol-Karton, 65 x 85 cm, signiert u. Nummeriert
Zu-Ki (first fragment/dehiscence) H‘  2005, mirror, oil stick and pencil on paper, 79 x 55,5 x 9,5 cm
‚Figure can be in many places at once (paper multiple/Tokyo version)‘ 2007
print of digital-photo-datas 90,7 x 65,8 cm edition 5 edition by SAGYO, Tokyo
‘Fragments (circles)/ evenire #1‘ 2007, 109 x 78,8 cm
‘Fragments (circles)/ evenire #2‘ 2007, 109 x 78,8 cm
‘Fragments (circles)/dehiscence #1‘ 2007, acrylic and pencil on paper 42,4 x 34,9 cm

Shuzo Azuchi Gulliver:
Evenire. See the form of leaping nearby (Listen to the sound of disintegration afar)

In seinen neuen Arbeiten untersucht der japanische Konzeptkünstler Shuzo Azucho Gulliver das Potential solch elementarer graphischer Formen wie Dreieck, Viereck oder Kreis, eine Art visueller Grammatik zu bilden, die jenseits sprachlicher Ausdrucksmittel funktioniert und sie gleichsam überflügelt, wie das lateinische Wort „evenire“ übersetzt heißt. Nach sieben Jahren kommt Gulliver als Artist-in-Residence erneut nach Wuppertal, um in den Räumen der Galerie eine spannende Installation über die kommunikative Funktion visueller Strukturen aufzubauen, deren Ausgang bislang noch ungewiss ist. „Probably just about everyone would like to make that own grammar. But is there a way of writing which the feel of grammar in itself?” fragt Gulliver kryptisch auf einer seiner Arbeiten, und verweist damit auf das ambivalente Verhältnis zur Sprache, das sein Werk von Anfang an ausmacht. Die künstlerische Initialzündung Gullivers kam, so ist es überliefert, von der Entdeckung eines Buches mit Werken von Marcel Duchamp, das der Sechzehnjährige sich voller Begeisterung kaufte, obwohl er kein Wort Französisch konnte und die anspielungsreichen Werktitel nicht nachvollziehen konnte. Trotz der sprachlichen Barrieren war die Faszination für die Kunst Duchamps da. Seitdem ist der umtriebige Gulliver auf vielerlei Hinsicht im Feld der konzeptionellen Kunst tätig gewesen, wobei es ihm nicht zuletzt immer wieder um die Rolle der Sprache ging. Bei seinem letzten Besuch in Wuppertal besetzte er den Galerieraum nicht nur mit einem Bett, sondern mit riesigen Stempeln, in deren Druckstock die Buchstabenkette ATCG geprägt war. Noch heute zeugt eine gelb leuchtende Holz-Steele im Galeriegarten, bemalt mit eben jenen Grundbausteinen der menschlichen DNA, von Gullivers Auseinandersetzung mit jener genetischen Grammatik des Menschen, die in wenigen Buchstaben die ganze Vielfalt menschlichen Lebens auszudrücken vermag. Stand damals neben der Schrift der Körper sowohl als Träger eines genetischen Bauplans wie auch als Empfindungsorgan der romantischen Liebe im Mittelpunkt des Interesses, hat sich Gulliver nun fast ausschließlich vollkommen ungegenständlichen Formen zugewandt, die er in Linien zu umfangen sucht oder rein flächig auffasst. Damit geht er eine Befragung jenes Formenvokabulars an, das zum Höhepunkt der klassischen Moderne bereits Künstler wie Kandinsky beschäftigt hatte. In seiner Schrift „Punkt und Linie zu Fläche“ etwa hatte Kandinsky die Wirkung elementarer graphischer Ausdrucksmittel genauestens dargelegt. Inwiefern kann eine künstlerische Analyse solch visueller Formen, die bereits damals universale Verständlichkeit für sich beanspruchte, auch heute noch Gültigkeit besitzen? Wie lotet Gulliver das Verhältnis zwischen grenzüberschreitender Lesbarkeit und individueller Interpretation der visuellen Formensprache aus? Durch die Einbeziehung von Spiegeln in einigen Arbeiten ergibt sich ein Gefüge, das den Betrachter explizit als Bestandteil des Werkes auffasst, indem er sich selbst im Akt des Sehens im Bild wiederfindet. Wir können uns also durchaus eingeladen fühlen, den visuellen Strukturen unsere eigene Grammatik zuzufügen.
Susanne Buckesfeld M.  A.